Anna Basener: Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte

Ruhrpottikone trifft auf Berlin-Kreuzberg-Charme
17. Mai 2021
Anna Basener Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte Ruhrpott Berlin Eichborn Verlag

Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte ist der Debütroman von Anna Basener. Die Autorin stammt selbst aus Essen und so wundert es nicht, dass besagte „Omma“ eine echte Ruhrpottikone von Format ist.

Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte – Darum geht’s:

Bianca ist nach Berlin gezogen, um sich von ihrer Familie aus dem Ruhrpott abzunabeln. Die gescheiterte Schauspielschülerin jobbt als Kellnerin, aber nur so lange, bis sie als Unterwäschedesignerin groß rauskommt. Eines Tages steht die Omma – ihres Zeichens ehemalige Wirtschafterin eines Puffs – vor ihrer Tür in Berlin-Kreuzberg. Ihre enge Vertraute und ehemalige Prostituierte Mitzi ist tot, also ist sie mit Sack und Pack nach Berlin und ehe Bianca es sich versieht, wohnt sie in einer WG mit ihrer Omma.

Die Omma – eine Ikone

Sie trägt Versandhausshirts mit wildem Mustermix und Strasssteinchen, hält nahezu ständig eine Eve-Zigarette in ihren Fingern, deren Nägel farblich zur Blumenbordüre der Zigarette abgestimmt sind. Vor allem aber war die Omma früher Wirtschafterin in einem Puff in Essen-Rellinghausen, kennt Freier und Zuhälter aller Art und ist um keine Antwort verlegen. Die Omma – sie heißt eigentlich Änne – ist das, was man eine Ikone nennen kann. Und ausgerechnet die „verirrt“ sich nun ins weichgespülte Hipster-Berlin. Sie übernimmt mal eben die WG ihrer Enkelin Bianca – inklusive dekorativer Umgestaltung mit Wohnwand und Eckbank in der Küche. Dabei sagt sie im Ruhrpott-Slang unbeirrbar, wo es lang geht, und löst Probleme auch schon mal ganz pragmatisch mit einer Flasche Korn – oder eben Taubensuppe.

„Das Leben kann tödlich sein, und davon kann die Omma aber mal ein Liedchen singen. Sie hat eine tiefe Stimme, und wenn sie besoffen ist, dann stiert sie mit Schlafzimmerblick auf die Tischplatte, stemmt ihre Ellbogen auf und singt Dolly-Parton-Songs, während Eve in ihren Fingern zu Asche wird.“ (S. 10)

Rotzig, frech und tragikomisch

In diesem Roman haben ganz eindeutig die Frauen die Hosen an – allen voran natürlich die Omma. Aber auch Bianca, die mit ihren Seidenschlüppis die Dessouswelt erobern will, ist eine Marke für sich. Dazu die Mitzi, die – wenn auch im Hintergrund – eine tragende Rolle spielt. So unterschiedlich sie sind, so notwendig ist es, dass sich die Frauen zusammenraufen. Bianca, die sich eigentlich abnabeln wollte, stellt fest, dass die Omma noch mehr Erinnerungen in Form von konkreten Personen aus dem Ruhrpott im Schlepptau hat.

Anna Basener erzählt die Geschichte der Omma, ohne dabei ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Ja, es geht um Sex, es geht um Huren, es geht um Gewalt. Nein, es ist nicht immer politisch korrekt geschrieben, doch gerade das macht in diesem Fall den Charme des Buches aus. Die Sprache ist rotzig, frech und sehr direkt – Anna Basener nennt die Dinge beim Namen. Kein Wunder, dass das Buch eine Altersempfehlung ab 16 hat ? Der Ruhrpott-Akzent, den die Omma spricht, macht das Ganze sehr authentisch. Ich hatte beim Lesen ein wirklich sehr lebendiges Bild dieser Frau vor Augen, die mit der geballten Kraft einer Naturgewalt um die Ecke kommt und Lebensweisheiten verteilt – auch ungefragt.

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Fazit: Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte

Ich hatte von Anna Basener 2020 „Die juten Sitten“ gelesen – ein Buch, das ebenfalls im Prostituiertenmilieu spielt. Entsprechend neugierig war ich auf den Debütroman „Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte“ und war positiv überrascht. Der Roman ist nicht unbedingt das, was man literarisch anspruchsvoll nennen würde, doch das wäre der Figur der „Omma“ auch absolut nicht gerecht geworden. Mir hat es gefallen, ich fand das Buch witzig, erfrischend anders und nicht zuletzt rührend, denn Familie bleibt eben immer Familie. Wer mit derber Sprache umgehen kann, der sollte sich diesen Roman etwas genauer ansehen.

Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte

Autor*in: Anna Basener
Übersetzung:
Kategorie*n: Roman
ISBN: 978-3-8479-0625-4
Verlag: eichborn
Seiten: 316
Copyright: Eichborn Verlag

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