Martin Walker: Bruno, Chef de police

Ein Stück Baguette und ein Glas Rotwein, bitte!
1. Februar 2020
Martin Walker - Bruno Chef de Police

Zu ‚Bruno Chef de Police‘ bin ich eher durch Zufall gekommen: Es war eines von mehreren in einer Bücherkiste, die jemand in unserem Haus beim Auszug verschenkt hat. Ich hatte im Buchhandel schon mehrere Bücher dieser Reihe liegen sehen und dass ausgerechnet der erste Band in dieser Bücherkiste lag, war doch ein kleines Zeichen ?

Bruno, Chef de police – Darum geht’s:

In der Kleinstadt Saint-Denis mitten in der französischen Landschaft Perigord geschieht ein Mord. Das Opfer ist ein zurückgezogen lebender alter Mann, ein algerischer Einwanderer, Kriegsveteran und Träger des Croix de Guerre, eine hohe militärische Auszeichnung. Das auf der Brust eingeritzte Hakenkreuz deutet auf einen rassistischen Hintergrund hin und Bruno, Chef de Police des Ortes, muss sich während der Ermittlungen der nationalen Polizeibehörde unterordnen. Er hat jedoch einen entscheidenden Vorteil gegenüber den fremden Kollegen: Er kennt die Gegend wie seine Westentasche, hat gute Beziehungen zu den Bürgern von Saint-Denis und er hat ein untrügliches Bauchgefühl, das ihn auf die richtige Spur führt.

Bruno, der etwas andere Polizist

Schon auf den ersten Seiten lernt der Leser den Polizeichef Bruno kennen – und was soll ich sagen: Man kann ihn einfach nicht nicht mögen. Abgesehen von der äußerlichen Erscheinung – er wird als recht jung beschrieben, sportlich fit, mit dichtem dunklem Haar und einem sorgfältigen Schnauzbart – sind es vor allem sein Umgang mit den Menschen vor Ort sowie eine gewisse Überlegtheit und ein wacher Verstand, die die Vorstellung von einem echten Kumpel-Polizist perfekt machen. Ob es so jemanden tatsächlich gibt, sei mal dahin gestellt…

„Er warf einen letzten Blick auf den kleinen ihm anvertrauten Winkel des Paradieses, atmete seine Heimatluft tief ein und wappnete sich für den Tag.“

Bruno kennt sich in der Gegend um Saint-Denis bestens aus, außerdem hat er alle Familienzusammenhänge im Kopf, wer gehört zu wem, wer kann wen nicht leiden, usw. Umso schockierter ist auch er, als der Mord – und noch dazu ein recht brutaler – in der verschlafenen Gemeinde geschieht. Zusammen mit dem Chef de Police fragt man sich als Leser: Wer war der alte Mann, der in einem kleinen bescheidenen Häuschen ohne viel Aufsehens gelebt hat? Wer hätte ihm schaden wollen und warum?
Nun ist ein eingeritztes Hakenkreuz ein recht eindeutiges Symbol, sodass es nicht verwundert, dass die Ermittlungen zunächst in diese Richtung verlaufen. Aus dem Mord an einem Algerier, der französischer Kriegsveteran war, wird zunehmend eine politische Sache. Erinnerungen an das von Deutschen besetzte Frankreich während des Zweiten Weltkrieges werden wach. Bruno – und mit ihm der Leser – taucht tiefer in die Geschichte des vorigen Jahrhunderts ein, bei der es um Kriegsverbrechen, Widerstandskämpfer und nicht zuletzt um die Frage nach gut oder böse, richtig oder falsch geht.

Krimi mit Genussgarantie

Es ist schon ein bisschen klischeemäßig, dass die beorderten Kollegen der nationalen Polizei natürlich nicht ansatzweise so viel Durchblick haben wie der ortsansässige Polizist. Der lässt seine über die Jahre gewachsenen und gepflegten Beziehungen – unter anderem zum Bürgermeister – spielen und ist selbstverständlich immer einen kleinen Schritt voraus. Doch genau das wünscht man ja eigentlich auch dem Helden eines Buches, oder? Und außerdem ist da ja auch noch die ebenso hübsche wie taffe Kollegin aus Perigieux, die mindestens genauso clever ist wie Bruno.
Was mir – neben der durchaus gut gestrickten Geschichte – besonders gefallen hat und Bruno weitere Sympathiesternchen einbringt, ist die Tatsache, dass er sehr gut kocht. Kein Wunder, ein Junggeselle muss sich schließlich allein versorgen können, auch wenn das liebend gern die ein oder andere Frau des Ortes übernehmen würde. Die Zubereitung der häufig bodenständigen, typisch französischen Speisen samt Aperitifs und Begleitweinen wird sehr schmackhaft, aber nicht aufdringlich, dargestellt. Ich, die beim Lesen immer die Bilder von den Protagonisten und der Umgebung im Kopf hat, habe die Grillaromen des Fleisches, den würzigen Käse und den fruchtigen Rotwein geradezu gerochen. Daher mein Tipp: Auf gar keinen Fall lesen, wenn man hungrig ist! ?

„Er legte die Steaks auf den Rost und fing an, leise die Marseillaise vor sich hin zu summen, wofür er erfahrungsgemäß exakt fünfundvierzig Sekunden brauchte.“

Fazit: Bruno, Chef de Police

Bruno, Chef de Police ist ein wirklich gelungener Auftakt zu einer Krimireihe rund um den sympathischen Polizisten aus dem Herzen Frankreichs. Das Thema ist interessant und gerade wieder hochgradig aktuell, auch wenn das Buch schon vor rund zehn Jahren erschienen ist.
Wer neben spannenden Fällen auch ein bisschen Genuss erwartet oder allgemein ein Frankreich-Fan ist, der sollte sich Bruno, Chef de Police auf keinen Fall entgehen lassen. Ich habe definitiv Lust bekommen, weiter zu lesen. Band 2 liegt schon auf meinem aktuellen Stapel mit ungelesenen Büchern – und zwar ziemlich weit oben!

Bruno, Chef de Police

Autor*in: Martin Walker
Übersetzung:
Kategorie*n: Kriminalroman
ISBN: 978-3-257-24046-7
Verlag: Diogenes
Seiten: 352
Copyright: Diogenes Verlag

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