Dörte Hansen: Mittagsstunde

Vom schleichenden Verschwinden der alten Welt
14. Januar 2023
Dörte Hansen Mittagsstunde Brinkebüll Ingwer Feddersen Nordfriesland Penguin Randomhouse

Mittagsstunde ist nach „Altes Land“ der zweite Roman von Dörte Hansen. Wieder ist es der Norden Deutschlands, genauer Nordfriesland, in dem sie ihre Geschichte platziert. Außerdem wieder dabei: Starke, eigenwillige Charaktere und die Herausforderungen, vor denen sie stehen.

Mittagsstunde – Darum geht’s:

Ingwer Feddersen ist um die 50 und steckt mit seinem Leben in der Sackgasse – sowohl privat als auch beruflich. Er beschließt, eine einjährige Auszeit zu nehmen, und kehrt in das nordfriesische Geestdorf zurück, in dem er aufgewachsen ist. Dort kümmert er sich um „Mudder“, die immer mehr vergisst, und „Fadder“, der mit über 90 eisern die Stellung hinter dem Tresen der Dorfkneipe hält. Ingwer erinnert sich an seine Kindheit und Jugend in Brinkebüll und beginnt, Bilanz zu ziehen.

Die Zeiten ändern sich…

Ein Dorf verschwindet, Stück für Stück und schleichend über Jahrzehnte. Erst verschwanden Hecken und mit ihnen die Vögel, dann Bäume und schließlich die jungen Menschen, von denen keiner mehr Bauer sein wollte. Mit den Alten sterben auch die Traditionen, die einst das Leben in jedem der Geestdörfer bestimmte, beispielsweise die Mittagsstunde. Dörte Hansen wechselt im Buch immer wieder zwischen der Gegenwart und Rückblicken zu einzelnen Episoden aus der Vergangenheit und den Dorfbewohnern, die sich an die Zeiten anpassen. Im Mittelpunkt stehen Ingwer und die „Alten“, bei denen er aufgewachsen ist, und um die er sich nun kümmert. Nach einer Weile sind die Charaktere so vertraut, als wäre man selbst Teil der Brinkebüller Dorfgemeinschaft.

Leichtigkeit, trotz ernster Themen

Dörte Hansen habe ich spät als Autorin entdeckt, doch jedes ihrer bisher drei Bücher hat mich sehr berührt. Denn sie schafft es, die ernsten Themen ihrer Geschichten mit einer Leichtigkeit herüberzubringen, die ich so bisher nicht gelesen habe. Ob Demenz und Pflege im Alter, Einsamkeit oder das Stagnieren des eigenen Lebens – mit klaren Worten, norddeutschem Lokalkolorit und dem typisch trockenen Humor zeichnet die Autorin das Leben ihrer Charaktere, ohne dabei kitschig oder klischeehaft zu werden. Ich bin immer wieder begeistert von ihrer Sprache und was sie mit mir als Leserin macht.

Fazit: Mittagsstunde

Manche Autor*innen haben’s einfach drauf – und zu diesen gehört für mich auf jeden Fall auch Dörte Hansen. Beim Lesen erlebt man eine ganze Bandbreite an Emotionen – ich habe geschmunzelt, lauthals gelacht, mitgelitten und am Ende sogar ein, zwei Tränchen verdrückt. Mit gefällt an ihren Romanen, dass nicht nur die Charaktere eine wichtige Rolle spielen, sondern auch die Umgebung. Alle ihre Bücher sind irgendwie auch Liebeserklärungen an Norddeutschland.
Müsste ich wählen, so wäre nach wie vor „Altes Land“ für mich auf Platz 1, jedoch dicht gefolgt von „Mittagsstunde“ und danach „Zur See“, der neueste Roman, der 2022 erschienen ist. Eine ausdrückliche Leseempfehlung gibt es für alle drei Romane!

Schon gewusst?
Nach „Altes Land“ ist auch „Mittagsstunde“ bereits verfilmt worden. Die Hauptrolle des Ingwer Fedderson spielt Charly Hübner. Hier für euch der Trailer – der hoffentlich nicht nur Lust auf den Film, sondern vor allem auch auf das Buch macht 😊

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Mittagsstunde

Autor*in: Dörte Hansen
Übersetzung: -
Kategorie*n: Roman
ISBN: 978-3-328-60003-9
Verlag: Penguin
Seiten: 320
Copyright: Penguin

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