Douglas Stuart: Shuggie Bain

Ein tragischer Roman über eine unerschütterliche Mutter-Sohn-Beziehung
3. April 2023
Douglas Stuart Shuggie Bain Hanser Berlin Schottland Glasgow

Shuggie Bain ist der Debütroman des in Glasgow geborenen Autoren Douglas Stuart. 2020 wurde er mit dem Booker Prize ausgezeichnet. Auf Deutsch – übersetzt von Sophie Zeitz – erschien Shuggie Bain 2021 bei Hanser Berlin. Inzwischen ist Stuarts zweiter Roman, „Young Mungo“ erschienen.

Shuggie Bain – Darum geht’s

Als Nachzügler wird Shuggie in eine Arbeiterfamilie geboren, in der das Geld stets knapp ist. Der feinfühlige, zarte, fast feminine Junge wächst in den 1980er Jahren in Glasgow auf, das zu jener Zeit von Armut, Arbeitslosigkeit und Tristesse geprägt ist. Er hat eine innige Beziehung zu seiner Mutter Agnes, die sich noch verstärkt, als Shuggies Vater die Familie verlässt. Agnes trotzt dem Grau der Welt mit Schönheit, Glamour, unerschütterlicher Haltung – und Alkohol. Sie vor den Auswirkungen der Sucht zu retten, ist Shuggies Mission. Eine Mission, die zum Scheitern verurteilt ist…

Gebrochenes Herz garantiert

Ach, Shuggie… Ich schicke gleich mal vorweg, dass Douglas Stuarts Roman keine Wohlfühllektüre ist – im Gegenteil. Man sollte sich darauf einstellen, dass der Roman einem das Herz bricht, so gings mir jedenfalls. Für die Umstände und Zeiten, in die Shuggie hineingeboren wird, ist er ein richtig toller Junge und später Jugendlicher. Vieles davon hat er seiner Mutter Agnes zu verdanken, die ihm beibringt, immer aufrecht durchs Leben zu gehen. Doch auch ihre Kraft, der Welt ein perfektes Bild zu präsentieren, hat Grenzen. Agnes stürzt mehr und mehr in die Alkoholsucht ab und das hinterlässt Spuren: Ihre Schönheit bekommt Risse, Männer lassen sie fallen, ihre Kinder gehen. Der Einzige, der bleibt und für sie weiterkämpft, ist Shuggie.

Rauheit und Schönheit – Zwei Seiten einer Medaille

Sehr eindrücklich beschrieben fand ich die Schattenseiten der Stadt und allgemein der damaligen Zeit. Das Geld reicht nie, Jobs gibt es kaum, dazu ist es grau, kalt und schmutzig. Das bisschen, was man besitzt, neidet einem der nächste. Der Umgangston ist dementsprechend rau, schon unter den Kindern. Keine guten Voraussetzungen für einen sanftmütigen, fantasievollen Jungen, der gern tanzt, seiner Mutter die Haare kämmt und ihr beim Schminken zusieht. Er sucht das Schöne und Anmutige in den kleinen Dingen, was ihn unglaublich sympathisch macht. Doch gleichzeitig weiß man: Damit kann er in dieser Welt nur scheitern.

Shuggies Geschichte steht sicherlich stellvertretend für viele andere, denn die 1980er Jahre waren gerade für Industriestädte wie Glasgow ganz sicher keine rosigen Zeiten. Der Tragik, die in der Familie Bain durch Agnes‘ Alkoholsucht entsteht, setzt der Autor Shuggies unerschütterliche Liebe gegenüber.

Fazit: Shuggie Bain

Um mich wirklich auf diese Geschichte einlassen zu können, habe ich zwei Anläufe benötigt. Ist man aber einmal drin, liest sich das Buch allerdings recht flüssig. Ich persönlich musste mich allerdings ein wenig an den teilweise gesprochenen Dialekt gewöhnen, der in der deutschen Übersetzung im Ruhrpott verortet sein könnte. Es gab einige Stellen, an denen ich schmunzeln musste, doch insgesamt hat mich der Roman traurig gemacht, zeitweise auch wütend. Es ist definitiv keine leichte Kost, dessen sollte man sich bewusst sein. Außerdem an dieser Stelle eine Triggerwarnung bzgl. Alkoholmissbrauch und suizidalen Neigungen. Dennoch ist der Roman unbedingt lesenswert, schon allein wegen des Zeitgeists, den Douglas Stuart meiner Meinung nach wirklich gut eingefangen hat.

Shuggie Bain

Autor*in: Douglas Stuart
Übersetzung: Sophie Zeitz
Kategorie*n: Roman
ISBN: 978-3-446-27108-1
Verlag: Hanser
Seiten: 496
Copyright: Hanser Berlin

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