Im Lautlosen ist ein berührender Familienroman, der zwischen 1926 und 1945 spielt, und vor allem das Thema Euthanasie behandelt. Melanie Metzenthin verbindet geschichtliche Realität mit dem Handeln einer fiktiven Hamburger Familie.
Darum geht’s:
An der medizinischen Fakultät der Universität Hamburg lernen sich Richard und Paula kennen und lieben. Sie heiraten und mit der Geburt der Zwillinge Emilia und Georg scheint ihr Glück perfekt, auch wenn der kleine Junge taub ist. 1933 ergreifen die Nationalsozialisten die Macht und mit ihnen kommen schon bald radikale und menschenverachtende Gesetze, die alles verändern. Richard, der mittlerweile Psychiater in einer Heil- und Pflegeanstalt ist, bekommt die Auswirkungen tagtäglich zu sehen. Um seine Patienten vor dem sicheren Tod zu bewahren, fälscht er Gutachten. Damit bringt er nicht nur sich selbst in Gefahr, sondern auch seine Familie – allen voran den tauben Georg.
Im Lautlosen: Geschichte und Fiktion
Das Thema Euthanasie ist schwer zu verkraften und für jeden humanistisch denkenden Menschen einfach unvorstellbar. Doch während der Nazi-Herrschaft sind die theoretischen und vor allem praktischen Maßnahmen zur „Vernichtung unwerten Lebens“ traurige Realität. Sich eingehender damit zu beschäftigen, jagt einem schon den ein oder anderen Schauer über den Rücken und ohne Zweifel fragt man sich: Was hätte ich damals getan?
Richard und Paula Hellmer sind aufgeklärte Ärzte, die mit den Machenschaften und Gesetzen der Nationalsozialisten nichts anfangen können. Mehr noch, sie versuchen, etwas dagegen zu unternehmen. Ein Unterfangen, das in einem Staat, in dem es vor Denunzianten nur so wimmelt, gewiss nicht leicht ist. Die Autorin schafft es, sich über die Familiengeschichte dem schwierigen und emotionsgeladenen Thema Euthanasie zu nähern. Sie schilderten eindrücklich die grausame Realität und stellt ihr gleichzeitig eine Familie gegenüber, die mit unerschütterlicher Liebe und Zusammenhalt dagegenhält. So schafft Melanie Metzenthin eine Balance, die das Thema erträglicher macht, ohne dem Ganzen den notwendigen Ernst zu nehmen.
Flüssiger Stil und bildhafte Erzählung
Dank eines sehr flüssigen Schreibstils, der weder zu einfach noch zu kompliziert ist, sind die 516 Seiten schnell gelesen. Melanie Metzenthin schreibt sehr bildhaft, sodass sich der Leser richtig in die Situationen hineinfinden kann. Mit Paula und Richard sowie ihren Familien schafft sie überaus sympathische Protagonisten und stellt ihnen einen Erzfeind entgegen, der zu jeder guten Geschichte dazugehört. Hier und da waren mir die Dialoge – vor allem von Paula und Richard – doch ein bisschen zu verliebt und kitschig. Insgesamt tut das dem Buch aber keinen Abbruch.
Fazit: Im Lautlosen
Mit ihrem Roman „Im Lautlosen“ schafft es Melanie Metzenthin, dem Leser ein Teilstück im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Diktatur näherzubringen. Wer gefühlvolle und starke Familienromane mag, aber auch vor härteren Themen nicht zurückschreckt, dem kann ich „Im Lautlosen“ ans Herz legen!
Basierend auf den Ereignissen ist noch ein zweiter Roman entstanden. Die Stimmlosen schreibt die Geschichte der Familie Hellmer nach 1945 fort.