Der Frauenatlas ist in der Originalausgabe „The Women’s Atlas“ von Joni Seager bereits 2018 erschienen. 2020 hat der Carl Hanser Verlag die deutsche Übersetzung auf den Markt gebracht und 2021 ist er in der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung erschienen. Diese Version, die sich inhaltlich nicht von der gebundenen Ausgabe unterscheidet, lag mir vor.
Der Frauenatlas – Darum geht’s:
Anhand von neun übergeordneten Kategorien zeigt der Frauenatlas nicht nur, dass es Ungleichheit zwischen Männern und Frauen gibt, sondern auch wie und wo. Die einzelnen Themen sind anhand von anschaulichen Karten und Grafiken aufbereitet. Grundlage dafür bilden Daten, die in zahlreichen Studien erhoben wurden. Eine entsprechende Quellenangabe findet sich im hinteren Teil des Buches.
Ungleichheit sichtbar machen
Wohl jeder*m ist klar, dass weltweit Ungleichheit zwischen Männern und Frauen herrscht. „Alle Staaten sind patriarchalisch“, so schreibt es Joni Seager auf Seite 11. Das heißt, in JEDEM der 196 Staaten profitieren Männer in der Regel von den Strukturen und den jeweiligen Gegebenheiten stärker als Frauen. Oder anders gesagt: Überall auf dieser Welt werden Frauen diskriminiert und benachteiligt – es variiert jeweils nur, in welchem Zusammenhang und in welchem Ausmaß. Diese Ungleichheit ist in nicht wenigen Ländern sogar lebensbedrohlich, vor allem, wenn es um Gesundheitsvorsorge, Körperpolitik oder Besitz und Armut geht.
„Oh, krass…“
Genau das – „Oh, krass…“ – war wohl meine häufigste Aussage, während ich den Frauenatlas gelesen habe. Vieles von dem, das Joni Seager hier mithilfe von Karten und Diagrammen aufbereitet hat, war mir so überhaupt nicht bewusst. Dass Frauen gerade in Entwicklungsländern, z.B. in Afrika oder Asien, stark benachteiligt sind, war mir im Groben klar. Doch dass auch vermeintlich so „fortschrittliche“ Länder wie die USA oder die europäischen Staaten teils so gar nicht entwickelt sind, hat mich doch überrascht. Auch in unserer westlich geprägten Welt findet Diskriminierung von Frauen statt – und zwar täglich. So ist Verhütung nach wie vor überall Frauensache, häusliche Gewalt und Vergewaltigung in der Ehe existieren überall, Frauen verdienen weniger Geld für den gleichen Job, sie leisten wesentlich mehr Care-Arbeit.
Die Liste ließe sich – leider – endlos fortführen. Mir hat der Frauenatlas, gerade für sehr bestimmte Bereiche, die Augen geöffnet. Neben den anschaulichen Grafiken gibt es auch Erklärungsansätze oder weitere, detailliertere Informationen, z.B. wenn bestimmte Länder besonders herausstechen. Die Aufmachung ist generell gelungen, die Grafiken oder Diagramme unterstreichen nochmal das jeweilige Thema.
Fazit: Der Frauenatlas
Der Frauenatlas ist ein absolut lesenswertes und überaus wichtiges Buch. Er nimmt sich viele Bereiche des täglichen Lebens von Frauen überall auf der Welt vor und zeichnet so insgesamt ein recht vollständiges Bild von der Ungleichheit. Die Aufteilung nach verschiedenen Themengebieten ist sehr übersichtlich, vor allem weil jeweils eine Einleitung der Autorin vorangestellt ist. Ich habe viel über das Gelesene und Gezeigte nachgedacht, war teils wirklich erschüttert und traurig. Der Atlas zeigt jedoch auch einige Verbesserungen auf, die sich in den vergangenen Jahrzehnten vollzogen haben. Insofern gibt er auch Hoffnung, dass Veränderung stattfinden kann, wobei das Entscheidende dabei jedoch das Tempo sein dürfte. Doch genau dafür sensibilisiert der Frauenatlas und gibt – nicht nur den Frauen, sondern vor allem auch den Männern – eine Mission an die Hand hin zu mehr Gleichberechtigung.
Weitere Lesetipps zum Thema Feminismus/Frauen:
– Liv Strömquist: Der Ursprung der Welt (Graphic Novel)
– Marta Breen/Jenny Jordahl: Rebellische Frauen – Women in Battle (Graphic Novel)