Julia Phillips: Cascadia

Zwei Schwestern, eine Insel und ein Bär
27. Juli 2024
Julia Phillips Cascadia Hanser Verlag hanserblau

Cascadia ist nach „Das Verschwinden der Erde“ Julia Phillips‘ zweiter Roman. Darüber hinaus schreibt sie regelmäßig für Zeitungen wie die New York Times. Übersetzt wurde Cascadia von Pociao und Roberto de Hollanda.

Cascadia – Darum geht’s:

Sam lebt gemeinsam mit ihrer Schwester Elena und ihrer Mutter in einem einfachen Haus auf der Insel San Juan, die Teil einer Inselgruppe zwischen Seattle und Vancouver ist. Während ihres eintönigen Jobs im Bistro der Fähre malt sie sich die Zukunft aus: Sie und Elena werden das Haus verkaufen und mit dem Geld weit weg von der Insel ein neues, besseres Leben anfangen. Eines Nachts beobachtet sie von Deck aus einen Bären im Wasser, der wenig später auch auf ihrer Insel gesichtet wird. Sam ahnt noch nicht, wie sehr das Tier ihre kleine Welt erschüttern wird.

Atmosphärisch dichter Roman

Eigentlich hat Sams und Elenas Leben den beiden – und auch den Leser*innen – nicht viel zu bieten: Sie gehen arbeiten, Sam auf der Fähre und Elena in einem Golfclub, schieben häufig Doppelschichten und pflegen daheim ihre kranke Mutter. Viel bleibt nicht übrig, um jeden Monat über die Runden zu kommen. Von Anfang an herrscht, wie ich finde, eine eher gedrückte Stimmung, und nur ab und zu scheint es einen Hoffnungsfunken zu geben, der aber eher aus Sams Fantasie herausrührt. Es ist aber klar, dass die beiden jungen Frauen kein einfaches Leben führen und auch nicht absehbar eine Möglichkeit haben, um sich aus dieser Lage zu befreien.

Julia Phillips erzählt atmosphärisch recht dicht von dieser Situation und ihr gelingt es gut, eine unterschwellige Spannung aufzubauen, obwohl eigentlich nicht viel passiert. Das Auftauchen des Bären auf der Insel und später direkt vorm Haus der Mädchen ist ein Katalysator. In welche Richtung sich die Handlung bewegt, verrate ich an dieser Stelle nicht, das wäre zu weit vorgegriffen. Auf jeden Fall kommen die Dinge in Bewegung…

Anspielung auf Märchen

Zwei Schwestern, eine alleinstehende Mutter und ein Bär – dieses Figurenensemble kommt einem doch höchst bekannt vor. Auch im Buch gibt es durchaus Anspielungen auf Schneeweißchen und Rosenrot, einem Märchen aus der Sammlung der Gebrüder Grimm. Auch hier wirbelt der Bär das Leben der beiden jungen Frauen durcheinander, zudem ist er nicht, was er zu sein scheint. Ich fand es interessant, dass dem Buch dieses Märchenmotiv zugrunde liegt, wenn auch der Verlauf der Geschichte nicht ganz so märchenhaft und ganz sicher nicht rosarot ist.

Fazit: Cascadia

Um ehrlich zu sein, lässt mich Cascadia ein klein wenig zwiegespalten zurück. Einerseits mochte ich die Spannung, die trotz der eher banalen Handlung vorherrscht, und war gespannt darauf, wie sich das entwickelt und zuspitzt (was es tut). Andererseits fand ich Sams Reaktionen teilweise übertrieben und Elenas Verhalten ebenfalls nicht nachvollziehbar. Das Ende lässt sich noch ratloser zurück: Es passte durchaus zum Verlauf der Geschichte, aber gefallen hat es mir nicht. Alles in allem ein eher kontroverses Buch, das sich aber flüssig lesen lässt und durchaus zum Nachdenken anregt. Trotzdem bin ich nun neugierig auf Julia Phillips‘ Debüt 😊

Cascadia

Autor*in: Julia Phillips
Übersetzung: Pociao, Roberto de Hollanda
Kategorie*n: Roman
ISBN: 978-3-446-28153-0
Verlag: Hanser
Seiten: 272
Copyright: Hanser

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