Linn Strømsborg: Nie, nie, nie

Mein Leben, mein Körper, meine Entscheidung. Punkt.
29. Januar 2022
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Nie, nie, nie ist bereits der vierte Roman aus der Feder von Linn Strømsborg, aber der erste, der auch auf Deutsch erschienen ist. Zum Glück, denn es geht um nichts Wichtigeres als die Tatsache, dass man auch ohne Kinder ein erfülltes Leben führen kann.

Linn Strømsborg: Nie, nie, nie – Darum geht’s

Der Titel sagt es eigentlich schon: Die namenlose Protagonistin ist 35 und kinderlos – und sie möchte es auch bleiben. Früh stand für sie fest, dass sie nie eine Mutter sein möchte. Was sich für sie normal anfühlt, ist es für andere ganz und gar nicht. Die Gesellschaft reagiert unterschiedlich auf eine Frau ohne Kinderwunsch. Anhand dieser fiktiven Frau und ihres Umfelds – Freund*innen, Familie, Arbeitskolleg*innen – zeigt Linn Strømsborg verschiedene Lebensentwürfe auf. Dabei gibt es kein richtig oder falsch – es kann immer gut oder schiefgehen.

Ungeschönte Beobachtungen

Schon nach wenigen Seiten war klar: Hier lese ich etwas, das gut ist, das groß ist und mich versteht. Die namenlose Protagonistin ist Mitte 30, führt ein durchschnittliches Leben. Sie führt seit acht Jahren eine Beziehung mit einem Mann, den sie als Seelenverwandten sieht. Ungefähr genauso lang weiß er, dass sie keine Kinder möchte und hofft dennoch, dass sich das „mit der Zeit schon geben wird“. Ebenso lang liegt ihr die eigene Mutter in den Ohren mit dem Wunsch nach einem Enkelkind und das, obwohl ihre eigene Mutter sich abgesetzt hat, sobald ihre Kinder einigermaßen flügge waren. Dann ist da noch die beste Freundin, die schwanger und schließlich Mutter wird. Mittendrin: die Frau, für die Kinder nicht in Frage kommen. Niemals.

„Ständig warte ich darauf, dass ich will, was alle wollen. Aber ich will nicht.“ (S. 18)

Es gibt kein normal oder unnormal

Eine Beziehung einzugehen, zusammenzuziehen, zu heiraten und irgendwann ein Kind zu haben – dieser Weg ist der, der in unserer Gesellschaft noch immer als „normal“ gilt. Dabei gibt es überhaupt kein „normal“ oder „unnormal“, geschweige denn „richtig“ oder „falsch“. Sollte nicht jede*r für sich frei entscheiden können, welches Lebensmodell für sie oder ihn passt? Dass man Entscheidungen treffen muss, liegt auf der Hand. Klar ist aber auch, dass diese Entscheidungen sich irgendwann als gut oder schlecht herausstellen können, als klug oder dumm oder irgendwas dazwischen. Ein Kind – oder mehrere – zu haben, ist für viele Menschen genauso „normal“ und selbstverständlich, wie es für andere ist, diesen Weg nicht einzuschlagen. Es bedeutet nicht, dass ihnen dann etwas fehlt, sie einsam sind oder irgendwann bereuen.

Bitte mehr davon!

Eingebettet in einen familiären Hintergrund, in eine Beziehung und Freundschaften strickt Linn Strømsborg einen sehr feinsinnigen Roman über die Frage nach dem Kinderwunsch. Was, wenn man es eben einfach nicht fühlt? Was, wenn es andere eben doch tun? Sie zeigt mithilfe der Protagonisten verschiedene Lebenswege auf, die alle ihre guten und schlechten Seiten haben. Sie zeigt, wo sie anecken und an Grenzen geraten, wo Liebe aufhört und Verständnis anfängt. Dabei wirkt es keinesfalls so, dass am Ende herauskommt, Kinderlose seien die glücklicheren Menschen. Die Autorin nähert sich dem komplexen Thema auf kluge, scharfsinnige und gleichzeitig behutsame Weise. Sehr gelungen!

Fazit: Nie, nie, nie von Linn Strømsborg

Mit hat der Roman „Nie, nie, nie“ von Linn Strømsborg wirklich gut gefallen. Ich habe es innerhalb eines Tages gelesen und kann sagen, dass ich die positiven Rezensionen dazu sehr gut nachvollziehen und unterstreichen kann. Die Lektüre empfehle ich durchaus allen – sowohl jenen ohne Kinderwunsch als auch jenen, die noch mit sich hadern, und denen, die sich bereits für Kinder entschieden haben. Ich denke, jede*r kann sich in diesem Buch ein Stück weit wiederfinden und verstanden fühlen. Unbedingte Leseempfehlung!

Nie, nie, nie

Autor*in: Linn Strømsborg
Übersetzung: Stefan Pluschkat
Kategorie*n: Roman
ISBN: 978-3-8321-8133-8
Verlag: Dumont
Seiten: 256
Copyright: Dumont

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