Phantomschmerzen ist der erste Kriminalroman der englischen Schriftstellerin Susan Hill, der beim Kampa Verlag erschienen ist. Es ist allerdings bereits der 9. Roman um Inspector Serrailler, der im südenglischen Lafferton ermittelt. „Phantomschmerzen“ kann man jedoch auch lesen, ohne die vorherigen Bände zu kennen. Susan Hill ist neben der Reihe um den Inspector vor allem auch für „Die Frau in Schwarz“, eine Novelle aus dem Genre Gothic fiction.
Phantomschmerzen – Darum geht’s:
Inspector Simon Serrailler erwacht im Krankenhaus – seinen letzten Einsatz, auf den nicht näher eingegangen wird, hat er nur knapp überlebt. Er büßt jedoch seinen linken Arm ein und kann noch nicht wieder voll in den Job einsteigen. Er nimmt eine Auszeit auf der kleinen schottischen Insel Taransay, doch von Ruhe kann keine Rede sein. Als eine Frau auf der Insel gewaltsam stirbt, ist er der einzige Polizist vor Ort und beginnt zu ermitteln. Daheim in Lafferton beschäftigt die Polizei außerdem ein fünf Jahre alter Vermisstenfall, bei dem ebenfalls Serrailler Licht ins Dunkel bringen soll.
Ruhiger Krimi mit vielen Details
Wer einen actionreichen, rasanten Kriminalfall erwartet, wird mit diesem Buch leider nicht viel anfangen können. „Phantomschmerzen“ ist ein typischer Slow-Crime – es dauert eine ganze Weile, bis die Geschichte ein wenig Fahrt aufnimmt. Susan Hill legt stattdessen sehr viel Wert auf die Zeichnung der Charaktere. Der Leser lernt viel über Simon Serrailler als Mensch sowie über seine Beziehung zur Familie. Denn neben dem Inspector spielen auch seine Zwillingsschwester Cat, deren neuer Mann und Simons Chef Kieron Bright, sowie Simons Vater, Richard Serrailler, eine Rolle. Leben und Job sind also eng miteinander verwoben. Der Roman gibt so einen guten Überblick über die Figuren, selbst wenn man keinerlei Vorkenntnisse zu dieser Reihe besitzt. Phantomschmerzen lässt sich also sehr gut losgelöst von der Reihe lesen.
Flacher Spannungsbogen
Die beiden Fälle, die Serrailler bearbeitet, sind zwar interessant, aber leider nicht wirklich spannend. Mir dauerte es etwas zu lang, bis ein bisschen Bewegung in die Ermittlungen kam. Sowohl der Fall auf der schottischen Insel als auch der Vermisstenfall werden eher unspektakulär bearbeitet, auch wenn es hier und da kleine Überraschungen gibt, die man als Leser so nicht vorhersieht. Die Auflösungen: Für mich insgesamt eher unbefriedigend. Wirklich schade, denn an sich hat das Buch sehr viel Potenzial und die Atmosphäre ist eigentlich sehr schön und detailliert beschrieben.
Zu viele Nebenschauplätze
Leider zieht sich dieser Eindruck des eher flachen Spannungsbogens durch das gesamte Buch. Ja, der Leser erfährt viel von Simons Familie, doch für die eigentliche Handlung bzw. die Lösung der Fälle ist das überhaupt nicht ausschlaggebend. Es gibt einige Nebenschauplätze, die recht detailliert behandelt werden, die Geschichte allerdings kaum voranbringen. Leider gestaltete sich die Story dadurch etwas zäh, da die eigentliche Handlung immer wieder durch eher unwichtige Informationen unterbrochen wurde. Ich vermute jedoch, dass dies dem eigentlich Hintergrund geschuldet ist, dass Simon Serrailler nach der schlimmen Erfahrung wieder ins Leben oder eigentlich in ein neues Leben finden muss. Wenn dies der Anspruch des Buches war, dann ist es durchaus gelungen.
Fazit: Phantomschmerzen
Phantomscherzen ist definitiv ein eher tiefgründiger Krimi, bei dem es weniger um die offensichtliche Lösung eines Kriminalfalls als vielmehr um das innere Seelenleben der Hauptfigur geht. Über verschiedene Wege sowie mithilfe mehrere anderer Figuren findet Simon Serrailler sich selbst wieder und kann seinen Weg als Polizist fortsetzen. Dieser Ansatz ist gut, geht jedoch leider zu Lasten der Spannung. Die beiden Fälle sind eher unspektakulär, die Ermittlungen nehmen erst gegen Ende etwas an Fahrt auf. Insgesamt hat mir alles etwas zu lang gedauert. Sprache und Schreibstil sind jedoch sehr gut lesbar, die Kapitel sind nicht zu lang. Für mich eher ein Roman mit Krimielementen als ein reiner Kriminalroman. Für Liebhaber von Slow-Crime aber durchaus empfehlenswert.