Wir von der anderen Seite ist das Romandebüt von Anika Decker, die sich bereits als Drehbuchautorin einen Namen in Deutschland gemacht hat. Aus ihrer Feder stammen Kinohits wie „Keinohrhasen“, die Fortsetzung „Zweiohrküken“ und „Traumfrauen“, bei dem sie auch Regie führte. Der nächste Film könnte „Wir von der anderen Seite“ heißen…
Wir von der anderen Seite – Darum geht’s:
Als Rahel erwacht, liegt sie auf der Intensivstation eines Krankenhauses und kann sich an nichts erinnern. Doch langsam dämmert ihr: Sie lag im Koma. Als Komödienautorin kann sie der absurden Situation trotzdem etwas Humorvolles abringen. Sie kämpft sich Schritt für Schritt zurück auf die andere Seite – und wird dabei von realen Menschen und weniger realen Eichhörnchen begleitet. Dabei lernt sie ihre Lektion: Das Leben ist zu kostbar, um es von irgendwem anders bestimmen zu lassen.
Lieber als Hörbuch hören?
Kein Problem, hier kannst du Rahels Geschichte anhören – gelesen von Katja Riemann. Probiere es einfach aus, der erste Monat ist gratis!*
Wechselbad der Gefühle
Mitten aus dem normalen Leben gerissen, findet sich Rahel auf der Intensivstation wieder. Dabei hatte sie doch nur einen Nierenstein – wie also kam es dazu? Die Ich-Erzählerin nimmt die Leser*innen mit auf die Reise ihrer Genesung und die Spurensuche dahinter. Man durchlebt mit ihr humorvolle und warmherzige Phasen, ebenso wie Wut, Trauer und ja, auch Selbstmitleid. Dabei spart Anika Decker nichts aus – weder die Nachteile eines Katheters oder Nebenwirkungen von Tabletten noch exorbitante Krankenhausrechnungen, Verlustängste oder die Bestandsaufnahme des eigenen, völlig gebeutelten Körpers. Rahel nimmt alles auf sich – Spezialklinik, Reha, Therapie – Hauptsache sie kommt zurück auf die andere Seite.
„Während ich in die Pedale trete, frage ich mich, wer der Holzmichel ist, und ob Helene Fischer ihre Texte selbst schreibt oder vielleicht doch ein circa sechzigjähriger, sexuell ausgehungerter Mann.“ (S. 185)
Irgendetwas fehlt…
Eine solche Geschichte hatte ich vorher noch nicht gelesen, insofern fand ich sie durchaus einzigartig. Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, vor allem der unterschwellige Humor, den sich Rahel einfach nicht nehmen lässt. Sie ist stark, auch wenn es ohne die Hilfe anderer sicher nicht geklappt hätte. Das Buch liest sich wie ein Film – ich konnte mir Vieles sehr bildlich vorstellen und man merkt, dass Anika Decker diesbezüglich vom Fach ist. Und doch: Irgendetwas, das Tüpfelchen auf dem i hat mir gefehlt. Vielleicht war es an der ein oder anderen Stelle doch zu flapsig, einfach nicht ernst genug für ein solches Thema? Ich kann es nicht genau sagen…
Fazit: Wir von der anderen Seite
Im Großen und Ganzen hat mir Anika Deckers Roman „Wir von der anderen Seite“ recht gut gefallen. Allerdings war ich nicht so tiefberührt wie es in vielen anderen Rezensionen beschrieben wird. Die Story fand ich gut und mir hat die schonungslose Ehrlichkeit gefallen. Rahels Eindrücke und Gefühle konnte ich bis auf ein paar Ausnahmen nachempfinden. Und doch blieb am Ende der etwas schale Eindruck, hier die Vorlage für einen Film gelesen zu haben, der samstags im Privatfernsehen laufen könnte. Unterhaltsam, kurzweilig, gut – aber nicht herausragend.