Durch das große Feuer ist der Debütroman von Alice Winn, die auf britischen Internaten zur Schule gegangen ist. So wundert es nicht, dass ein solches auch in ihrem Buch eine Rolle spielt. Heute lebt sie in New York, wo sie Drehbücher schreibt. Übersetzt wurde der Roman von Ursula Wulfekamp und Benjamin Mildner.
Durch das große Feuer – Darum geht’s:
August 1914: Der Erste Weltkrieg ist ausgebrochen, doch für die Schüler des Preshute College, einem Jungeninternat, ist er noch weit weg. Auch Henry Gaunt und Sidney Ellwood, beide noch keine 18 Jahre alt, lesen die Nachrichten von der Front mit einer gewissen Begeisterung. Die beiden jungen Männer verbindet eine tiefe Freundschaft, ja beinahe Anziehungskraft, die vor allem bei Gaunt zu inneren Konflikten führt. Da kommt es ihm fast gelegen, als seine deutsche Mutter ihn bittet, sich freiwillig für die britische Armee zu verpflichten, um jeglichen Spionageverdacht im Keim zu ersticken. Seinen Gefühlen für Ellwood entkommen, trifft Gaunt an der Front schnell auf die Gräuel des Krieges. Ellwood, nach wie vor von einer romantisierten Vorstellung des Kampfes geblendet, folgt ihm bald nach.
Zarte Gefühle in schweren Zeiten
Rund um den Ersten Weltkrieg gibt es zahlreiche Romane und Sachbücher – der Inhalt ist immer wieder erschreckend. Alice Winn nähert sich dieser Thematik nun von einer anderen und sehr feinsinnigen Art, wie ich finde. Sie stellt Gaunt und Ellwood in den Mittelpunkt, deren Gefühle tiefer gehen als reine Freundschaft, was beide sich nicht eingestehen. Gleichzeitig lassen sie sich wie so viele junge Männer damals von der Kriegseuphorie anstecken – selbst dann noch, als schon einige Klassenkameraden oder deren ältere Brüder gefallen sind. Beide melden sich freiwillig und werden schon bald von der harten Realität des Frontalltags eingeholt.
Verwundete und sterbende Kameraden, immer neue Waffen und eingesetztes Gas, auf der anderen Seite Feinde, die in besseren Zeiten gleichaltrige Freunde hätten sein können. Im Laufe des Buches und mit Fortgang des Krieges verändern sich die ehemaligen Internatsschüler – von träumerischen, griechische Gedichte zitierenden Jungs zu harten Männern, die in ihrem jungen Leben schon zu viel gesehen haben. Diese Veränderung fand ich unglaublich gut beschrieben, weil sie sich in Kleinigkeiten vollzieht. Viele Passagen sind erschütternd, doch die Abgeklärtheit, mit der die jungen Männer dem Grauen begegnen, ist beinahe noch erschütternder.
Fazit: Durch das große Feuer
Mich hat „Durch das große Feuer“ von Alice Winn in erster Linie sehr berührt. Ich mochte die Schilderung dieser zarten Bindung zwischen den beiden jungen Männern, die sich ihre Gefühle noch nicht so recht eingestehen wollen. Dem gegenüber steht die absolute Härte des Kriegs, der so viel Leid und so viele Opfer hervorgebracht hat. Mitten in diesem Chaos fiebert man mit, hofft, dass sich die beiden wiederfinden, einzig, damit wenigstens diese Liebe den Krieg überlebt. All das schildert Alice Winn so bildhaft – man merkt dem Buch einfach an, dass hier eine Drehbuchautorin am Werk war. Und tatsächlich kann ich mir den Roman wirklich gut als Film vorstellen. Absolute Leseempfehlung für alle, die die Thematik Erster Weltkrieg und dessen Gräuel nicht abschreckt.