Der Mädchenwald ist das Thrillerdebüt von Sam Lloyd, der damit gleich mal ein Statement gesetzt hat. Denn das Buch ist irgendwie anders und sticht zwischen anderen aktuellen Thrillern meiner Meinung nach deutlich hervor.
Der Mädchenwald – Darum geht’s:
Die 13-jährige Elissa wird bei einem Schachturnier entführt und findet sich in einem fensterlosen Kellerverlies wieder, angekettet und vermeintlich allein. Doch dann bekommt sie einen heimlichen Besucher: Elijah. Der Junge lebt mit seinen Eltern im Wald und kennt weder Handys noch das Internet. Doch er ist gerissen und Elissa erkennt, dass sie ihn auf seine Seite bringen muss, wenn sie überleben will. Während DS Mairéad MacCullagh fieberhaft nach dem Mädchen sucht, spielt Elijah längst sein eigenes Spiel an diesem Ort, den er den „Mädchenwald“ nennt.
Düster und atmosphärisch
„Der Mädchenwald“ ist tatsächlich ein Thriller, der diese Genrezuweisung auch verdient. Von der ersten Seite an entwickelte das Buch einen Sog, dem ich mich als Leserin schlecht entziehen konnte. Sehr schnell tun sich tiefe menschliche Abgründe auf und unweigerlich kommt man zu dem Schluss, dass das noch lang nicht alles ist. Elissa wird, wie schon einige Mädchen vorher, in einer verlassenen Hütte festgehalten, wird zu Dingen gezwungen, die sie nicht möchte, und bestraft, wenn sie nicht gehorcht. Ihren Entführer bekommt das Mädchen dabei nicht zu Gesicht und ihre Angst ist förmlich greifbar. Dennoch spürt man als Leser auch ganz deutlich den Überlebenswillen und drückt praktisch permanent die Daumen, dass sie es schafft. Doch sicher kann man dabei zu keiner Zeit sein.
„Nicht in diesem Spiel“, sagt Elissa. Sie holt eine weitere Figur aus dem Beutel und hält sie ins Licht. „In diesem Spiel ist die mächtigste Figur die Dame.“ (S.186)
Spiel mit Zeit und Perspektive
In diesem Thriller gibt es drei Hauptpersonen, zwischen denen immer wieder die Perspektive wechselt: Elissa, Elijah und DS MacCullagh. Die Besonderheit dabei ist, dass Elijahs Perspektive in der 1. Person und recht kindlich geschildert wird, während die anderen beiden in der 3. Person geschrieben sind. Schon dadurch entsteht eine gewisse Spannung, denn alle Figuren haben völlig andere Motive, Hintergründe und Prioritäten. Elissa nutzt ihr strategisches Denken aus dem Schachspiel, DS MacCullagh hat eigene Probleme und darf sich doch keine Blöße geben und Elijah – der Junge lebt in seiner eigenen Welt, ist undurchschaubar und teilweise fast schon gruselig. Hinzu kommt, dass die Geschehnisse anhand der Tage seit der Entführung erzählt werden und dabei nicht immer chronologisch sind. Das erzeugt zusätzliche Spannung, ebenso wie die teils sehr kurzen Kapitel.
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Kein Buch vieler Worte
In „Der Mädchenwald“ verzichtet Sam Lloyd auf überflüssige Beschreibungen oder zu viele private Verstrickungen – kurz auf alles, das von der eigentlichen Handlung ablenkt. Die Geschehnisse und Dialoge passieren auf dem Punkt, hier ist kein Wort zu viel, wodurch die Wirkung entsteht, dass jedes Wort von Bedeutung ist. Einiges bleibt ungesagt, lässt sich aber sehr gut zwischen den Zeilen lesen. Insgesamt wirkt das Buch dadurch recht kühl, teilweise fast abgeklärt und wenig emotional, und doch erzeugt genau das eine Wirkung, die Gänsehaut verursacht. Getoppt wird das Ganze durch einen Twist, den man als Leser so gar nicht kommen sieht und sämtliche Geschehnisse mit einem Schlag in ein völlig anderes Licht rückt.
Fazit: Der Mädchenwald
Für mich war „Der Mädchenwald“ insgesamt ein tolles Leseerlebnis. Das Buch sticht klar zwischen anderen Thrillern hervor, denn es ist einfach anders. Die düstere Atmosphäre begleitet den Leser die gesamte Zeit, es ist spannend und an manchen Stellen sogar richtig gruselig. Auf die sich zuspitzenden Ereignisse folgt ein fulminantes Ende, das für mich jedoch noch ein kleines Fragezeichen offenließ. Was genau das ist, werde ich an dieser Stelle jedoch nicht verraten. Von meiner Seite gibt es jedoch eine absolute Leseempfehlung für „Der Mädchenwald“.