Krähenmädchen vom schwedischen Autorenduo Erik Axl Sund wurde nach dem Erscheinen vor einigen Jahren hochgelobt und mit der Millenium-Trilogie von Stieg Larsson verglichen bzw. gleichgesetzt. Eher unverdient, wie ich nach dem Lesen des ersten Teils finde. Gespaltene Persönlichkeiten und (potenzieller) Kindesmissbrauch überall – aber der Reihe nach…
Darum geht’s:
Eine grausame Mordserie erschüttert Stockholm: Immer wieder werden die Leichen von Jungen gefunden, die grausam zugerichtet und wie Müll entsorgt wurden. Die Ermittlungen leitet Kommissarin Jeanette Kihlberg. Bei der Suche nach dem Täter erhält sie Hilfe von der Psychologin Sofia Zetterlund, die auf traumatisierte Menschen und multiple Persönlichkeiten spezialisiert ist. Sowohl während der Ermittlungen als auch auf Sofias Patientenliste taucht immer wieder ein Name auf: Victoria Bergmann. Doch wer ist diese Frau und was hat sie mit all den Morden zu tun?
Schwer greifbare Charaktere
Für mich klang der Klappentext sehr spannend und die Geschichte selbst bietet auch Potenzial, aber an der Umsetzung hapert es meiner Meinung doch ganz entscheidend. Die Kommissarin Jeanette Kihlberg ist durchaus sympathisch, allerdings wird immer wieder darauf hingewiesen, wie schwer sie es als Frau in der Männerdomäne „Polizei“ hat. Hinzu kommen private Probleme, die sie – obwohl eigentlich tough genug – nicht zu lösen vermag. Sofia Zetterlund fand ich sehr schwer greifbar, anfangs weiß man ihre Flashbacks nicht einzuordnen, später ergibt sich ein klareres Bild, das allerdings als Erklärung nicht wirklich standhält. Und da ist dann noch Victoria Bergmann, die als Kind ein Trauma erlebt hat, das sie bis heute beeinflusst. Weiter ins Detail gehen kann man nicht, ohne zu viel zu verraten.
Viele gestörte Persönlichkeiten, wenig Aufklärung
Krähenmädchen ist ein Psychothriller, sodass man erwarten kann, dass in der Geschichte auch Menschen mit psychischen Problemen, Traumata und multiplen Persönlichkeiten vorkommen. Meiner Meinung nach nahm das allerdings sehr viel Raum in der Geschichte ein – der Aufhänger, nämlich die Morde an den Jungen, werden nur am Rande thematisiert. Letztlich geht es um die Verstrickungen der drei weiblichen Hauptfiguren. Und die Männer? Die sympathischen, z.B. Jeanettes Kollege Hurtig, haben leider wenig Auftritte, wohingegen alle anderen recht eintönig als gewalttätige Pädophile dargestellt werden.
Fazit: Krähenmädchen
Mal davon abgesehen, dass sich mir bis zur letzten Seite der Titel „Krähenmädchen“ nicht erschlossen hat, hat mich die Geschichte nicht gepackt. Was es mit Victoria Bergmann auf sich hat, habe ich noch vor der Hälfte des Buches erahnt und es wurde letztlich bestätigt. Allerdings ist das weder der Kommissarin noch der Psychologin klar, sodass ich fürchte, man begleitet die beiden durch die Folgebände hin zur Wahrheit, die man als Leser bereits im ersten Buch kennt.
Rein sprachlich war das Buch dagegen sehr gut und schnell zu lesen. Die kurzen Kapitel machen es durchaus zum Pageturner und auch den Cliffhanger gang am Ende des Buches war ehrlicherweise fesselnd. Aber richtig animiert, den nächsten Teil anzufangen, hat es mich nicht.