Karina Sainz Borgo: Das dritte Land

Die letzte Ruhe inmitten von Chaos und Gewalt
23. Februar 2024
Karina Sainz Borgo Das dritte Land S. Fischer Verlage Angelica Ammar

Das dritte Land ist nach „Nacht in Caracas“ der zweite Roman von Karina Sainz Borgo. Sie wurde in Caracas, Venezuela, geboren, lebt aber seit 2006 in Spanien. Ihr Roman spielt irgendwo in Südamerika, wo genau lässt sich trotz Städtenamen nicht sagen.

Das dritte Land – Darum geht’s

Gemeinsam mit ihrem Mann und den beiden wenige Monate alten Zwillingen flüchtet Angustias Romero vor einer Seuche, die in ihrer Heimat um sich greift. Sie nehmen den langen und beschwerlichen Weg durch die Berge in Kauf, um ins rettende Nachbarland zu gelangen. Doch die Kinder überleben die Tortur nicht. Direkt an der Grenze zwischen den beiden Ländern gibt es ein sogenanntes „Drittes Land“ – ein illegaler Friedhof, den Visitación Salazar unterhält. Sie gibt den Armen und Ausgestoßenen die Möglichkeit, hier ihre Toten zu begraben. Angustias findet ein Grab für ihre Zwillinge und beschließt, bei ihnen zu bleiben und der resoluten Totengräberin zur Hand zu gehen.

Ein Schicksal, das unter die Haut geht

Karina Sainz Borgo hat es auch mit ihrer zweiten Geschichte geschafft, mich zu berühren. Das Setting, die Figuren, die Umstände – alles ist traurig, ernst und herausfordernd. Doch bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt und so ergeht es auch Angustias. In Visitación Salazar, die wie ihr Friedhof eine unerschütterliche Institution ist, sieht sie diejenige, die ihr helfen kann. Verlassen von ihrem Mann, beerdigt sie die beiden Kinder und bleibt trotz anfänglicher Proteste einfach an Visitacións Seite. Nach und nach findet auch Angustias zurück zu ihrer Stärke.

Kartelle, Korruption und Gewalt

Beim Lesen musste ich mir immer wieder in Erinnerung rufen, dass die Zustände, die die Autorin beschreibt, aktuell sind und nicht aus einer anderen Zeit stammen. Ebenso wie in „Nacht in Caracas“ beschrieben, befinden sich Teile von Südamerika in einem Ausnahmezustand. Drogenkartelle, Milizen und korrupte Politiker sind Realität; die Menschen befinden sich in einem täglichen Kampf, teils ums Überleben. Viele fliehen, doch in den Nachbarländern sieht es nicht unbedingt besser aus, außerdem ist die Reise überaus gefährlich. Ich fand das sehr erschütternd und wichtig zu lesen, weil man bei uns in den Nachrichten kaum je etwas über Südamerika hört.

Auch im Buch sehen sich Angustias und Visitación immer wieder Angriffen ausgesetzt, Gewalt und brutales Machtgehabe sind alltäglich. Dennoch behaupten sie sich gegen die Widrigkeiten und führen ihre Mission weiter. Stärkere Frauencharaktere kann ich mir kaum vorstellen, vor allem Visitación ist in ihrer unerschrockenen Art einfach super sympathisch. Ich mochte allerdings auch Angustias Entwicklung und ihre Entschlossenheit, die sie letztlich zeigt.

Fazit: Das dritte Land

Das dritte Land ist erneut ein Roman, der unter die Haut geht. Man spürt deutlich, wie sehr die Autorin sich nach wie vor mit den Zuständen ihrer alten Heimat beschäftigt. Anders kann es nicht gelingen, solche eindringlichen Bücher zu schreiben. Ich kann euch den Roman auf jeden Fall ans Herz legen, auch wenn ihr die ein oder andere Träne einkalkulieren solltet.

Das dritte Land

Autor*in: Karina Sainz Borgo
Übersetzung: Angelica Ammar
Kategorie*n: Roman
ISBN: 978-3-10-397122-4
Verlag: S. Fischer
Seiten: 320

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