Als Großmutter im Regen tanzte erschien bereits 2015 in Norwegen und stand dort jahrelang auf Bestsellerlisten. 2023 ist es in der Übersetzung von Günther Frauenlob bei FISCHER erschienen. Die Autorin Trude Teige ist eine norwegische Journalistin und TV-Moderatorin.
Als Großmutter im Regen tanzte – Darum geht’s:
Um Abstand zu ihrem Mann zu gewinnen, zieht sich Juni ins Haus ihrer verstorbenen Großeltern auf einer kleinen norwegischen Insel zurück. Beim Aufräumen entdeckt sie ein Foto, das ihre Großmutter Tekla in jungen Jahren zusammen mit einem deutschen Soldaten zeigt. Sie beschließt herauszufinden, was es damit auf sich hat. Die Suche führt Juni nach Berlin und nach Demmin, einer Kleinstadt im Nordosten Deutschlands, deren Schicksal von wenigen Tagen im Mai 1945 geprägt wurde.
Tekla, Lilla, Juni
Drei Frauen, eine bewegte Familiengeschichte: Als junges Mädchen verliebt sich Tekla in Otto, einem deutschen Soldaten, der während des Krieges Teil der Besatzung Norwegens ist. Als „Deutschenmädchen“ kann sie nicht in ihrer Heimat bleiben, sondern folgt Otto nach Deutschland, wo sie ihre norwegische Staatsbürgerschaft verliert. Sie gehen nach Demmin, doch in Ottos Heimatstadt haben sich zu Kriegsende schlimme Szenen abgespielt, und auch von seinem elterlichen Gutshof ist nur wenig übrig. Das Gebiet ist von der sowjetischen Armee besetzt und Tekla und Otto müssen sich in ein Leben fügen, das sie so nie gewollt haben.
Juni kommt Dank der Hilfe ihres Nachbarn nach und nach hinter die Geschehnisse in Deutschland. Schließlich findet sie Erklärungen für Situationen, die sie nie verstanden hat, z.B. warum das Verhältnis von Tekla zu Junis Mutter Lilla so schlecht war und warum ihre Großmutter manchmal im Regen tanzte. Juni selbst steht vor einer schwierigen Entscheidung, die sie im Licht der vergangenen Ereignisse noch einmal anders bewertet.
Bewegend, aber vorhersehbar
Insgesamt fand ich die Familiengeschichte, die Trude Teige hier zu Papier gebracht hat, schon interessant und bewegend. Maßgeblich dazu beigetragen hat, dass sie abwechselnd aus Junis und Teklas Perspektive und Zeit beschrieben wird. Trotzdem war das Buch für mich in größeren Teilen recht vorhersagbar und an manchen Stellen sehr einfach gehalten – sowohl vom Plot her als auch sprachlich. Der Vorteil dabei ist, dass man schnell durch die Seiten fliegt, aber andererseits hätte es durchaus noch etwas Tiefe und Dramatik haben dürfen. Wer die Geschichte um Demmin noch nicht kennt, könnte von den Beschreibungen durchaus geschockt sein, wobei Trude Teige nur an sehr wenigen Stellen ins Detail geht. Für mich war einfach der Fortgang der Geschichte und auch deren Auflösung durch Juni ein kleines bisschen zu flach und zu einfach.
Fazit: Als Großmutter im Regen tanzte
Als Großmutter im Regen tanzte habe ich gerne gelesen, weil es einfach recht kurzweilig ist, obwohl es voller teils schlimmer historischer Ereignisse steckt. Die Verbindung von Norwegen und Deutschland im Zweiten Weltkrieg fand ich zum Beispiel sehr interessant – auch, dass es recht viele junge Mädchen wie Tekla gab. Das war mir so nicht bewusst. Bzgl. Demmin hat mir aber beispielsweise „Die Gespenster von Demmin“ von Verena Keßler deutlich mehr zugesagt. Die Ereignisse spielen im vorliegenden Buch auch keine direkte Rolle, Tekla und Otto sind eher von deren Nachwehen betroffen. Ich spreche eine Leseempfehlung aus, allerdings keine restlos begeisterte 😊
